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Wird Leasing die neue Miete?

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Viele sind im neuen Jahr auf der Suche nach einem neuen Zuhause. Wir haben mit WIFI-Trainerin und Immobilienexpertin Hemma Schmölz-Neuwirther gesprochen und nachgefragt, wie es aktuell am Immobilienmarkt aussieht, worauf Sie bei der Suche nach einer (Miet-)Wohnung achten müssen und welche Herausforderungen auf den Immobilienmarkt zukommen.

Wer auf der Suche nach einer neuen Wohnung ist, muss gleich mal die erste schwierige Entscheidung treffen: mieten oder kaufen? Da es seit diesem Jahr eine Änderung bei der Wohnkreditvergabe gibt, ist es finanziell schwieriger eine Wohnung zu erwerben, als noch vor einem Jahr. „Auch wenn die Mieten steigen, bleibt vielen nur eine Mietwohnung als Option. Denn durch die Inflation steht weniger Kapital zur Verfügung und durch die neuen Vorgaben der Kreditvergabe seit August 2022 ist es schwieriger einen Kredit zu bekommen“, weiß die Expertin.

Aber egal ob mieten oder kaufen, die nächste Frage, die sich Wohnungssuchende stellen müssen: wo will ich wohnen? Schmölz-Neuwirther rät bei der Suche zur klassischen Mundpropaganda: „Will ich in der Gegend bleiben, empfehle ich immer zuerst rumzufragen, in der Nachbarschaft, der Schule oder im Kindergarten. Denn viele Immobilien sind nicht gleich online zu finden.“ Bei einem Ortswechsel bieten sich diverse Internetplattformen für die Suche an. Hier empfiehlt die Expertin, sich die Gegend vor Ort genauer anzusehen: wo liegt die Immobilie und wie ist die Infrastruktur in der Gegend? Gibt es Einkaufsmöglichkeiten? Wie weit ist es zu Arbeit, Schule oder Kindergarten? Brauche ich ein Auto? Oder geht es mit den Öffis? Ihre Empfehlung: „Je kürzer die Wege, desto besser. Das spart nicht nur Sprit, sondern auch Zeit.“

Weniger ist mehr

Ist die Frage geklärt, wo das neue Zuhause sein soll, geht es an die Details. Welche Immobilie soll es sein? Wohnung oder Haus? Wie viele Zimmer brauche ich? Schmölz-Neuwirther weiß aus den vielen Gesprächen, dass die Ansprüche an eine neue Wohnung oft viel zu hoch sind. „Viele hätten gerne eine Wohnung wie auf Instagram: viele und große Räume. Doch gerade jetzt, wo es finanziell schwierig und auch der Wohnraum knapper wird, sollte die Devise lauten – weniger ist mehr!“ Die Maklerin rät, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren – ein Dach über dem Kopf, weniger Quadratmeter, dafür leistbar. Sie empfiehlt auch, den Wohnraum im Laufe der Jahre zu re-dimensionieren. „Brauche ich diese große Wohnung immer noch, wenn die Kinder ausgezogen sind? Immerhin ist mehr Wohnraum auch mit mehr Kosten verbunden.“ Viele brauchen aber genügend Wohnfläche, um Dinge zu verstauen. Auch für dieses Problem hat die WIFI-Trainerin einen Tipp: Oft sei es besser bzw. günstiger ein Selfstorage anzumieten, statt den teuren Wohnraum als Stauraum zu nutzen.

Brauche ich Immobilienmakler:innen?

Wer nicht selbst suchen möchte oder bei der privaten Suche nicht weiterkommt, dem können Makler:innen weiterhelfen. Vorurteile gegenüber Makler:innen wischt Schmölz-Neuwirther vom Tisch: „Viele denken, Makler:innen kassieren nur fürs Zeigen der Wohnung eine hohe Provision.“ Allerdings finden vor allem im Vorfeld, aber auch lange nach Vertragsabschluss viele Beraterleistungen statt. Makler:innen seien vor allem Vermittler:innen zwischen Vermieter:innen und Mieter:innen. Das betreffe nicht nur die Vertragsauflösung, sondern auch Vertragsverlängerungen. Denn gerade für Laien sei das Mietrecht schwer überschaubar und berge viele Hindernisse.

Was viele nicht wissen: Makler:innen haften auch im Schadensfall. „Gibt es ein Problem oder einen Schaden, den der Makler oder die Maklerin im Rahmen seiner/ihrer Tätigkeit verursacht hat, kann man sich an die Schlichtungsstelle bzw.  den Ombudsmann bei der Fachgruppe der Immobilientreuhänder in der Wirtschaftskammer wenden. Fällt die Rolle des Maklers bzw. der Maklerin weg, müssen sich die Parteien selbst mit den rechtlichen Möglichkeiten der Vermietung befassen und Streitigkeiten untereinander lösen.“ Das kann mitunter problematisch werden, denn wer haftet im Streitfall? Zwar gibt es in Kärnten beratende Anlaufstellen wie Anwälte, Mietervereinigung oder Arbeiterkammer. Trotzdem mahnt die Expertin zur Vorsicht: „In erster Instanz sind diese Anlaufstellen ganz gut, aber viele sind im Mietrechtsthema nicht so tief drin, wie eben Makler:innen, die das tagtäglich machen.“

Das neue Bestellerprinzip sieht Mag. Schmölz-Neuwirther übrigens sehr kritisch: „Wenn Makler:innen keine Provision mehr von Mieter:innen bekommen, werden Sie nur mehr im Sinne der Vermietenden handeln. Daher werden jetzt viele Makler:innen gezwungen sein, ihre Vermittlerrolle zugunsten der zahlenden, vermietenden Kundschaft aufzugeben. Mieterinteressen werden mangels Verdienstmöglichkeit nicht mehr von Makler:innen vertreten werden.

Leasing und Zertifikate für Immobilien

Hemma Schmölz-Neuwirther erwartet für das kommende Jahr einen Zuwachs an verfügbaren Immobilien im Bereich Eigentum. „Durch die hohen Zinsen wird es für viele immer schwieriger ihre Raten zu begleichen. Daher werden wohl viele ihre Immobilien verkaufen müssen. Gleichzeitig sind auch die Anforderungen für neue Kredite sehr hoch. Das dämpft die Nachfrage und wird den Immobilienmarkt wieder etwas mehr stabilisieren.“ Wer sich Eigentum nicht leisten kann, wird auf Mietwohnungen umsteigen müssen. Allerdings werden auch hier die Mieten steigen. Die Einstiegskosten für gemeinnützige Neubauten werden hoch bleiben bzw. könnten auch noch steigen, denn die aktuell hohen Grund- und Baukosten wirken sich auch anteilig auf die Nutzungsentgelte der Mieter:innen aus.

Der Bedarf an Wohnraum werde auch in Zukunft hoch bleiben, insbesondere bei Familien. Die Maklerin verrät, dass auch hier bereits an Lösungen gearbeitet wird, wie zum Beispiel eine Art Hausleasing, ähnlich wie beim Auto. Und auch die Ressource Boden ist ein großes Thema. „Ich kann mir gut vorstellen, dass Zertifikate auch für private Haushalte kommen werden. Sobald ich über den Normverbrauch komme, muss ich ein Zertifikat erwerben, ähnlich wie wir es jetzt schon in der Industrie haben. Deswegen empfehle ich jetzt schon, die Wohnung bzw. das Haus thermisch auf dem neuesten Stand zu halten.“

Mag. Hemma Schmölz-NeuwirtherMag. Hemma Schmölz-Neuwirther WIFI Kärnten ist nicht nur Trainerin für diverse Immobilienkurse am WIFI Kärnten, sondern auch geprüfte Immobilienmaklerin und -verwalterin.

 

Titelbild: leszekglasner/stock.adobe.com