Unendliche Aromen: Das In-Getränk Gin

Seit einigen Jahren ist es fast unmöglich, um den aromatischen Wacholderschnaps herumzukommen. Jedes Szenelokal bietet ihn an, zumeist in Cocktails und Longdrinks. Das Trendgetränk ist eines der am häufigsten verwendeten Alkoholika für die Herstellung von Mixgetränken.

Die Ursprünge

Der erste Wacholderschnaps stammt nicht etwa aus Großbritannien, sondern wurde vom hessisch-niederländigen Arzt Franciscus Sylvius erfunden. Durch britische Soldaten gelangte das alkoholische Getränk schließlich auf die Insel, wo es seinen heutigen Namen erhielt. Hier wurde auch die Verwendung von englischem Getreide als Grundbestandteil festgelegt. Einige Jahre später wurde auch die Zusammensetzung und Herstellungsweise im sogenannten Gin Act reguliert, was das Getränk auch für die wohlhabenderen Bürger interessant machte. In dieser Zeit wurde die Vierfach-Destillation entwickelt, bei der der London Dry Gin in Kupferkesseln gebrannt wird. Das Getränk aus Quellwasser erhält auf diese Weise einen besonders trockenen Geschmack, der es von anderen Varianten des Wacholderschnapses unterscheidet. Die Variante enthält etwa 37,5% Alkohol und außer Pflanzenstoffen und Wasser keine weiteren Inhaltsstoffe. Besonders wichtig ist das trockene Aroma, das durch das Weglassen jeglicher süßenden Stoffe wie Zucker erreicht wird.

Die Herstellung von gutem Gin

Der Genever (daraus entstand der Name „Gin“) kann auf unterschiedliche Art hergestellt werden, was sich vor allem im Geschmack widerspiegelt. Wer ihn gerne trinkt, sollte sich mit den Herstellungsverfahren und den Geschmacksunterschieden auseinandersetzen. Das erleichtert die Wahl einer Sorte und die Zusammenstellung zu köstlichen Cocktails.

Am Anfang des Herstellungsprozesses steht dabei, wie beim jedem Schnaps, die Destillation. Das Wort „destillare“ bedeutet „herabträufeln“. Beim Destillieren werden Flüssigkeiten verdampft, die in der Apparatur kondensieren und dadurch getrennt werden können. Alkohol verdampft bereits bei etwa 78°C und kann durch das Destillieren leicht aus Flüssigkeiten herausgelöst werden. Unmöglich ist es, den Alkohol ganz ohne Wasser zu gewinnen. Alkohol ist deswegen niemals vollkommen rein.

Bei der sogenannten kalten Destillation soll das Überhitzen der pflanzlichen Inhaltsstoffe verhindert werden. Die Zusammensetzung und Menge der Botanicals, also der Pflanzenteile, sind ausschlaggebend für den Geschmack des Getränks. Die kalte Destillation ist aber nur schwierig umsetzbar, da dafür der Luftdruck gesenkt werden muss. Das verringert auch den Siedepunkt der Flüssigkeiten. Durch die ausgeklügelte Technik sind diese Gins eher kostspielig.

Im Gegensatz dazu werden beim Heißauszug, der Digestion, die Botanicals gemeinsam mit dem Alkohol erhitzt. Die zerkleinerten Pflanzenteile geben dadurch Aromen ab, die auf das Getränk übergehen.

Ein drittes Verfahren ist die Perkulation. Nur das auf diese Weise hergestellte Getränk wird als Destilled Gin betitelt. Das Verfahren zeichnet sich dadurch aus, dass beim Destillieren Alkohol- und Wasserdampf mit den Botanicals in Berührung kommen. Die Pflanzenteile werden dafür auf Siebe gelegt, wodurch die ätherischen Öle im Dampf gut ausgelöst werden können. Unter den verschiedenen Verfahren ist dieses das Aufwändigste, soll aber auch die besten Geschmacksergebnisse liefern.

 

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Die Botanicals und ihre Besonderheiten

Die sogenannten Botanicals sind Pflanzenteile, wie Wurzeln, Beeren, Rinde, Blätter oder Früchte, die dem Trendgetränk seine Aromen verleihen. Zu Anfang war das Getränk eine Art Medizin gegen unterschiedliche Leiden, wurde aber bald schon zum Genussmittel. Die Zusammensetzung ist deswegen auch in den Eigenschaften einiger der Pflanzen als Heilpflanzen begründet. Heute werden die Botanicals aber in erster Linie aufgrund ihrer Aromen eingesetzt. Dabei greifen die unterschiedlichen Hersteller auf diverse Botanicals und Zusammensetzungen zurück, was jede Sorte zu einem Unikat macht. Um sich auf dem Markt voneinander abzusetzen, werden die Rezepturen in der Regel geheim gehalten. Kenner können jedoch die meisten Inhaltsstoffe anhand des Aromas schnell herausfinden.

Die Grundlage des Schnaps ist Wacholder. Darüber hinaus sind sehr oft Zitronen- und Orangenschalen enthalten. Auch Koriandersamen sind ein beliebter Zusatz. Bisher verwendeten die meisten Hersteller des Wacholderschnaps‘ maximal 10 Botanicals. Der Trend geht mittlerweise aber zu Ginsorten mit mehreren Botanicals. In manchen Fällen können das sogar über 40 pflanzliche Aromaen sein, die dem Schnaps zugesetzt werden.

Welche Variante passt wofür?

Laien stehen meist ratlos vor der großen Auswahl an Sorten: Dry oder London Dry? Old Tom oder Plymouth? Bei allen vier Sorten handelt es sich um gute Grundlagen für Mischgetränke und Cocktails, die aber trotzdem stark variieren. Wer sich unsicher ist, welche Sorte dem eigenen Geschmack entspricht, sollte nach Möglichkeit verschiedene Varianten testen und sich beraten lassen. Meistens kristalliert sich dabei schnell eine Sorte heraus, die künftig häufiger im Cocktail landen wird. Hilfreich kann es auch sein, einen Workshop zu besuchen. Hier werden die verschiedenen Sorten vorgestellt und verkostet. Die Einführung in die Welt des Wacholder-Branntweins eröffnet viele neue Möglichkeiten, das einzigartige Getränk in leckere Cocktails zu verwandeln.

Trendgetränke mixen

Gin ist eine klassische Grundlage für Cocktails. Beliebt ist derzeit der Gin Tonic. Das Tonic ist ein chininhaltiges Erfrischungsgetränk, das im Drink durch die enthaltene Kohlensäure außerdem für ein angenehmes Kribbeln sorgt. Nicht nur die Schnapssorte, sondern auch das verwendete Tonic sorgen für den besonderen Geschmack. So gibt es immer mehr Varianten des bitter-süßen Getränkes, die diverse Kombinationsmöglichkeiten zulassen. Kenner haben auch hier längst das Potential für aufregende Cocktails entdeckt.

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